There is no shiva without shakti...
Als ich vor einigen Jahren mit Yoga angefangen habe, war ich hauptsächlich an der körperlichen Asanapraxis interessiert. Ein Glück für mich, dass meine liebe Yogalehrerin Christina Lobe die tantrische Yogaphilosophie so leicht und liebevoll in ihren Unterricht integriert. Diese lebensbejahende Weltanschauung hat mich berührt und dann nicht mehr losgelassen.
Ich gebe zu, dass mir viele Bereiche der tantrischen Philosophie erst im Laufe meiner Yogaausbildung und teilweise auch erst hinterher klar und verständlich geworden sind. Und auch heute bin ich immer noch am Lernen und Verstehen.
Dennoch ist eines gleich zu Beginn in meinem Köpfchen hängen geblieben: das „non-dualistische“ Weltbild, das die tantrische Philosophie uns lehrt. Aber was bedeutet das eigentlich?
Damit ist die Einheit aller Dinge gemeint und erklärt, dass Schöpfer und Schöpfung eins sind. Wir brauchen das Göttliche nicht im Außen zu suchen und gleichzeitig können wir es überall und in allem finden. Wir alle sind Teil des Göttlichen.
Ich behaupte mal vorsichtig, dass wir alle hin und wieder Zeit damit verbringen, zu vergleichen, abzuwägen und zu bewerten. Stimmt’s? Und genau dadurch begeben wir uns in ein dualistisches Weltbild. Wir sind getrennt von der Welt im Außen aber auch im Innen. Wir separieren uns.
Das Ziel der tantrischen Praxis ist es, die Einheit mit Allem wieder wahrzunehmen. Die scheinbare Trennung aufzulösen.
In der tantrischen Philosophie hat das Göttliche zwei Aspekte, nämlich das Weibliche und das Männliche. Sehr erfrischend, wie ich finde.
Der männliche Aspekt – Shiva – steht für die Qualitäten von reinem Gewahrsein und Stille. Wir können ihn uns als einen urteilsfreien Beobachter vorstellen, der die Geschehnisse ohne Eigeninteresse entdeckt.
Shakti ist das weibliche Prinzip. Die Göttin bringt Energie und Dynamik mit sich und repräsentiert unsere Wahrnehmung. Alles was wir sehen, fühlen, denken, im Innen oder Außen wahrnehmen ist Shakti.
Shiva und Shakti bilden ein Spannungsfeld aus Gewahrsein und Energie, Dynamik und Stille. Die dadurch entstehende Vibration ist die Energie hinter der Schöpfung wodurch das Universum entsteht.
Um diese zwei Aspekte besser zu verstehen gebe ich dir folgendes Bild:
Wenn du in den Himmel schaust, ist Shiva – das männliche Prinzip – die unendliche und nicht greifbare Weite.
Shakti – das weibliche Prinzip – nimmt in Form von Wolken Gestalt an. Damit sind unsere lebendigen Erfahrungen gemeint, die in der stillen Unendlichkeit des Himmels Form annehmen.
In der tantrischen Philosophie besteht das Göttliche also aus zwei Aspekten. Sie sind eins, obwohl sie doch zwei sind, weshalb wir jetzt verstehen können, wie das „non-dualistische“ Weltbild zu seinem Namen kommt.
Wie kannst du diese Weltanschauung in deinen Alltag mitnehmen?
Erinnere dich immer wieder daran, dass alles was ist, was du wahrnimmst und was du erlebst immer die zwei Seiten des Göttlichen beinhaltet. Ein Aspekt wird dominieren und doch sind beide vorhanden, da das eine nicht abgetrennt vom anderen möglich ist.
Wir brauchen die Dunkelheit, um das Licht zu erkennen. Das Schmerzvolle müssen wir erfahren, um wahre Freude zu verspüren.
Somit sind wir aufgefordert, mit weitem Herzen neugierig alle Aspekte zu erkennen, einzuladen und zu honorieren. Und dem Leben mit größtmöglicher Offenheit zu begegnen.
Little Sneak Peek:
Am 25.09.22 unterrichte ich einen Workshop, der sich inhaltlich ebenfalls mit der tantrischen Philosophie befasst. Neben der körperlichen Asanapraxis werden wir auch gemeinsam meditieren und Pranayama üben. Weitere Infos findest du hier…